Das Afghanistan-Debakel: Eine schonungslose Bilanz
Nach 9/11 stürzten die USA die Taliban in Kabul. Es war der Auftakt im »Krieg gegen den Terror«. Allein in Afghanistan gab Washington dafür in 20 Jahren mehr als 2000 Milliarden Dollar aus. Doch jetzt sind die Taliban erneut an der Macht. Wie konnte es so weit kommen? Michael Lüders zieht eine schonungslose Bilanz des Desasters am Hindukusch und erklärt, warum der Westen dort scheitern musste.
Der Präsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft und ehemalige Nahost-Korrespondent der Zeit, Michael Lüders, ist überzeugt: Es ist keine gute Idee, in Afghanistan einzumarschieren. Dagegen sprechen die Geografie und historische Fakten.
»Ein Land verändern zu wollen, ohne es zu verstehen - das ist Größenwahn.«
Im 19. Jahrhundert erlitten die Briten dort die vielleicht größte Niederlage ihrer Kolonialgeschichte. In den 1980er-Jahren scheiterte die Sowjetunion bei dem Versuch, das Land zu unterwerfen. Diese selbstverschuldete Niederlage trug zu ihrem Untergang bei. Doch die USA und ihre Verbündeten haben aus der Vergangenheit nichts gelernt. Ohne Plan und klare Ziele besetzten sie 2001 Afghanistan. Sie finanzierten ein korruptes Regime in Kabul, während Tausende Zivilisten bei Drohnenangriffen und nächtlichen Razzien starben.
Dieses Buch erzählt davon, dass spätestens im Jahr 2005 eine Niederlage des Westens am Hindukusch sehr viel wahrscheinlicher erschien als ein Sieg. Es geht auf grundlegende Fragen zur Sinnhaftigkeit von Auslandseinsätzen der NATO ein, auf das Engagement in Afghanistan, von dem Berlin schon 10 Jahre früher hätte Abstand nehmen müssen, und auf die Frage, was eine solch gravierende Fehleinschätzung wie die des NATO-Generalsekretärs Jens Stoltenberg in Bezug auf die Machtübernahme der Taliban für den Umgang der NATO mit Russland oder China bedeutet.
Hybris am Hindukusch ist nicht zuletzt auch eine eindringliche Warnung vor den Auswirkungen des Tunnelblicks, der das Denken ersetzt und der mit dem egoistischen Streben nach Vorherrschaft Hand in Hand geht.